Mittwoch, 4. November 2009

Lass dich überraschen!


Alle guten Dinge sind drei. Dieser These will nicht ausgerechnet ich widersprechen. Beim dritten Versuch hat die Reservierung eines Tisches für zwei in der Bullerei endlich geklappt. Ich war überrascht, dass man immer noch ca. einen Monat auf einen Tisch warten muss, da das Restaurant doch bereits am 01.07. seine Pforten öffnete. Aber Tim Mälzer umgibt eben ein gewisser Hype. Ich wollte meinem Gaumen nun die Gelegenheit geben, eine eigene Meinung dazu zu bilden.

In einer alten Viehhalle in der Schanze wurde die Bullerei in ein Deli und in ein Restaurant unterteilt. Das Deli hat ab täglich ab 11:30 Uhr geöffnet, ab 12 gibt's dort auch Warmes und reservieren braucht man auch nicht. Das Restaurant besteht aus eine großen Halle, die durch ca. hüfthohe Abtrennungen in Tischinseln eingeteilt wird. Die Wände und die Decke haben ihren natürlichen Look behalten, entsprechend blickt man auf Ziegelsteine, Aluminiumrohre und Holzplatten, was aber einen gewissen Charme hat und zum restlichen, eher rustikalen Look á la Tim Mälzer passt.
Außerdem hat man einen Ausblick auf, oder besser gesagt, in die Küche, die per großem Fenster die Köche in Action zeigt.

Die Karte bietet eine eher geringere Anzahl an Vorspeisen, Hauptspeisen und Desserts, dafür ist die Weinkarte umso länger. Aber das muss nichts heißen, ganz im Gegenteil: Lieber esse ich bei jemandem der gekonnt ein paar Gerichte auf den Tisch zaubert, als in einem Meer an Auswahl unterzugehen.

Da ich schon immer ein Freund von Überraschungen war, entschied ich mich wie meine Begleitung für das Überraschungsmenü. Bestehend aus drei (da wären wir wieder bei der Drei...) Gängen, ist das Menü für 35 € zu haben. Die überaus nette Kellnerin, eine von allen, wies uns zwecks Vielfalt auf die Möglichkeit hin, die Köche "auszutricksen" indem einer explizit ohne Fleisch und der andere ohne Fisch bestellt. Da ich mal wieder Lust auf Vieh hatte, war ich an diesem Abend also Fischhasserin.



Nachdem die Bestellung entgegen genommen wurde, kam nach ziemlich kurzer Zeit eine Tüte (!) Brot, begleitet von hausgemachtem Kräuterdip und cremig-luftiger Butter. Das Brot, eine helle und eine dunkle Sorte, war saftig und in schön dicken Scheiben geschnitten. Besonders lecker war die tolle Salzkruste des Weißbrots. Dazu bekamen wir ein kleines Gläschen frische Radieschen.



Die Vorspeise bestand aus Beef Tartar, das aus gemischtem Hack gemacht wurde und zusammen mit Gurkensticks, Grapefruitfiléts und hauchdünnen Kartoffelchips serviert wurde. Die Kombination Grapefruit + Beef Tartar war überraschend gut und jedem Fleischfan zu empfehlen. T. bekam statt des Rinder-Schweine-Hacks Saiblingstartar mit grell-grünem Wasabi-Kaviar der im Mund herrlich zerplatzte.

Das Restaurant füllte sich schnell, war es am Anfang noch relativ leer und die eher unpassende Popmusik leider gut wahrnehmbar, gab es auf einmal kaum noch einen leeren Tisch und auch die Musik war nicht mehr identifizierbar. Vielleicht lag es daran, dass wir so lange auf die Hauptspeise warten und die letzten Radieschen dran glauben mussten. Aber wie heißt es so schön: Was lange währt...



Als Hauptgang bekam ich Saltimbocca mit Kartoffelstampf und geschmortem Gemüse, was bei genauerer Betrachtung aus roter Beete, Zwiebeln und Lauch bestand. T.'s Gericht bestand aus gebackenem Zander plus Riesen-Gamba, ebenfalls mit Kartoffelstampf, Gemüse und einem Weißwein-Schaum. Das Fleisch war zusammen mit dem Speck gewürzlich (someone call the Duden, there's a new word in town) gut abgestimmt, dem Stampf fehlte es leider an Salz, das ein augenzwinkernder Kellner auf Nachfrage an den nur mit Pfeffer bestückten Tisch brachte. Das Gemüse war erstaunlicher Weise ein kleiner Hit, ich mag's eigentlich nicht zu bissfest aber hierzu passte es wunderbar. Der Fisch schmeckte SEHR mild und war nicht weiter erwähnenswert. Auch die Garnele war keine geschmackliche Explosion, schmeckte aber ganz gut.



Das Dessert, meine Königsdiziplin, kam in Form von Kokos-Panna cotta mit Karamellsoße, Chili-Ananas und Schokoladeneis mit Brownie-Stückchen auf einem Bett von Pistazien-Stückchen.
Ich liebe, wirklich LIEBE Kokos und verehre Panna cotta, aber irgendwas an diesem Sahneplateau stimmte nicht. Vielleicht war es der leichte Parfümgeschmack. Das bekommt man davon wenn man sich täglich mit Kokos-Körperlotion eincremt...
Die Ananas war ein Highlight, so unerwartet scharf und süß zugleich. Unsere Theorie beinhielt Chili, Ingwer und Honig und ich ärgere mich ein wenig dass ich nicht genauer nachgefragt habe.
Aber das i-Tüpfelchen war definitv das mit Brownie-Stückchen angereicherte Schokoladeneis, das auf einem knusprigen Bett aus gehackten Pistatzien ruhte und langsam zu einer samtigen Creme schmolz.

Alles in allem war das Essen wirklich gut und durch den sehr guten und reichlich tätowierten Service wurde es noch besser. Die Bullerei ist jedem zu empfehlen der einen geigneten Platz für ein Geschäftsessen, ein nettes Beisammensein in großer Runde aber auch in trauter Zweisamkeit sucht und gutes Essen schätzt. Aber rechtzeitig reservieren!

P.S: Das Überraschungsmenü wechselt übrigens täglich, den kulinarischen Überraschungen sind also keine Grenzen gesetzt.


Bullerei by night